In den frühen 70ern gehörte ein Ehepaar zum Freundeskreis unserer Familie, das sich durch eine Besonderheit auswies: an Tagen, an denen "Schweinchen Dick" im TV lief, verließen die beiden sehr früh fast schon fluchtartig jede Form der Geselligkeit. Der Grund: der Hausherr war ein fanatischer Fan dieser Zeichentrickserie und wollte keine Folge davon versäumen. Wir nahmen das damals mit einem gehörigen Schmunzeln zur Kenntnis, und die älteren Herrschaften (also die Generation meiner Eltern) machten ihre entprechenden Witze darüber.
Wie auch immer: In den USA lief die "Porky Pig Show" im Rahmen der Reihe "Looney Tunes" bereits zwischen 1964 und 1972. Nach der erfolgreichen Ausstrahlung von "Bunny und seine Kumpane" im Jahre 1970 kaufte das ZDF weitere Filme der "Looney Tunes"- Reihe ein. Dieses Mal sollte es die "Porky Pig Show" sein. Wie bereits bei seinem Vorgängerformat, wurde das Material durch die Programmverantwortlichen des ZDF stark bearbeitet und für ein 25- Minuten- Programmschema zurechtgekürzt. Übernommen hatte man Vor- und Abspann sowie einen Teil der dazwischenliegenden Sequenzen, wobei man allerdings auch Ausschnitte aus den gezeigten Einzelcartoons hinzufügte und entsprechend nachsynchronisierte.
Gesendet wurden durch das ZDF insgesamt achtzig Episoden (andere Quellen erwähnen lediglich fünfzig), wobei die meisten der Cartoons ohne "Schweinchen Dick" später noch einmal für die Reihe "Mein Name ist Hase" zweitverwertet wurden. Danach wanderten die Ausstrahlungsrechte in den späten 80er Jahren an die Privatsender Pro 7, Kabel 1 und Sat 1, die sich aus dem verfügbaren ZDF- Material wiederum die für sie passenden Versionen zurechtschnitten.
Bei der deutschen Erstausstrahlung synchronisierten Walter Gross für Schweinchen Dick, Dieter Kursawe für Daffy Duck sowie Martin Hirthe für Foghorn Leghorn. Später kamen noch Gerd Vespermann für Bugs Bunny sowie Klaus W. Krause für Yosemite Sam hinzu. Die einzelnen Episoden wurden unter der Leitung von Heinrich Riethmüller bei Simoton Film in Berlin synchronisiert. Im zweiten Jahr der Ausstrahlung kamen Folgen hinzu, bei denen Eberhard Storeck Regie führte und die in München überarbeitet wurden. Aus diesem Grund erhielt Daffy Duck auch eine geänderte, weibliche Stimme und den deutschen Namen "Elvira". In einigen Nebenrollen der Berliner Synchronfassung tauchten bekannte Synchronstimmen dieser Jahre wie z.B. Edgar Ott, Peter Schiff, Lothar Blumhagen, Arnold Marquis, Renate Danz oder Herbert Weißbach auf. Walter Gross kommentierte die Road Runner- Cartoons aus dem Off in Reimform.
Die Erstausstrahlung beim ZDF fand am 3. Januar 1972 statt. Nach zwanzig gesendeten Episoden änderte man das Konzept, vermutlich mangels Originalmaterial. Schweinchen Dick präsentierte nun die "Roadrunner Show" auf seinem Fernseher in der Scheune. Statt mit einem Schweinchen Dick- Cartoon zu Beginn startete die Sendung nun mit dem damals sehr beliebten Road Runner (und natürlich Coyote Karl) und hörte in der Regel mit alten, nachkolorierten Porky Pig- Cartoons auf. Wie bereits erwähnt, kommentierte Walter Gross als Schweinchen Dick in Reimform dieses Format aus dem Off,ein Konzept, das später auch für die Bearbeitung von "Paulchen Panther" übernommen wurde.
Die letzte Folge von "Schweinchen Dick" wurde durch das ZDF am 24.9.1973 ausgestrahlt. Kurz bevor die Serie abgesetzt wurde, versuchte man noch einmal das Ruder herumzureißen und blendete Porky Pig in die laufenden Bilder ein. Dazu sprach Walter Gross aus dem Off, daß sich Zeichentrickfiguren doch nicht wehtäten, alles letztendlich nur Spaß sei und die Figuren ihre "Grausamkeiten" nur vorspielten. Hintergrund waren angebliche massive Elternproteste und nicht zuletzt erhebliche Bedenken des damaligen ZDF- Intentanten Karl Holzamer wegen angeblich zahlreicher gewaltverherrlichender Szenen in den Cartoons, so daß die Reihe schließlich kurzfristig abgesetzt wurde.
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