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    Mittwoch, 8. Mai 2024, 16:19

    Geliebt, gehaßt oder geduldet - 70 Jahre "Das Wort zum Sonntag"

    Es war ein seltsamer Zufall, daß exakt neun Jahre nach der Gesamtkapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1954 das damals einzig verfügbare deutsche Fernsehprogramm erstmalig "Das Wort zum Sonntag" sendete. Seitdem gab es rund 3650 Folgen dieser christlichen Verkündigungssendung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend in die Kritik geriet, da es sich verstärkt nicht mehr um "ein geistliches Wort" handelte, sondern vermehrt eher weltliche Themen im Mittelpunkt des jetzigen Vierminutenformats standen. Hinzu kam der gesellschaftliche Wandel insbesondere in der Einstellung zur Konfessionalität. Waren im Jahre 1954 noch mehr als neunzig Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung entweder evangelisch oder römisch- katholisch, so sind 2024 nur mehr ca. fünfundvierzig Prozent Mitglied in einer der beiden großen Amtskirchen.
    Neben der "Tagesschau", die erstmals am 26. Dezember 1952 ausgestrahlt wurde, ist das "Wort zum Sonntag" die zweitälteste noch bestehende Sendung des deutschen Fernsehens. Frühe Kritiker mit einem Mangel an religiöser Bindung machten sich bereits in den 50er/ 60er Jahren über das religiös- besinnliche Format lustig, so mit den abschätzigen Bezeichnungen "Das Wort zum Bierholen" oder "Die Pinkelpause der Nation", denn oft folgte nach dem geistlichen Wort ein mehr oder weniger attraktiver Spielfilm im samstäglichen Spätabendprogramm.
    "Wir wollten auf jeden Fall nicht Sonntagvormittag nehmen als Konkurrenz zu dem örtlichen Gemeinde- Gottesdienst", erklärte einst der Erfinder des Formats, Werner Hess, der selbst Pastor und zwischen 1962 und 1981 Intendant des Hessischen Rundfunks war. "Haben wir ein Auge für Gottes wunderbare Welt und ein Ohr für ihre Klänge ?", fragte der evangelische Pastor Walter Dittmannn in der ersten Ausgabe. Daß der damals 54- jährige zum ersten deutschen TV- Pfarrer wurde, war einer Panne geschuldet, da ursprünglich bereits zum 1. Mai 1954 das erste "Wort zum Sonntag" auf Sendung gehen sollte. Doch ein Kabelbruch verhinderte, daß der dafür vorgesehene Aachener Prälat Klaus Mund live vor den Fernsehzuschauern sprechen konnte, die sich quantitativ damals noch in überschaubaren Grenzen hielten.
    Zu dieser Zeit endete der Fernsehabend noch mit den frühen Ausgaben des "Wort zum Sonntag". In der Jetztzeit findet sich das Format dagegen meist etwas unglücklich eingeklemmt zwischen den "Tagesthemen" und dem Spätfilm. Aus den anfänglich zehn Minuten Sendezeit wurden später nur noch bescheidene fünf, heute dagegen sind es sogar nur noch vier, die im Jahre 2023 durchschnittlich noch von 1,23 Millionen Menschen gesehen werden, die meist den älteren Generationen angehören.
    Die erste Frau, die das Evangelium im Fernsehen verkünden durfte, war in meinem Geburtsjahr 1957 Erika Schwarze, und dies nicht ohne Zuschauerproteste. Zu den bekanntesten Rednern der Sendung gehörten im Laufe der Jahrzehnte dagegen der unter seinem Spitznamen "Das Maschinengewehr Gottes" bekannte Pater Johannes Leppich, die evangelischen Pastoren Heinrich Albertz und Jörg Zink, die Ordensschwester Isa Vermehren, Erzbischof Friedrich Wetter sowie der kritische Theologe Hans Küng, dem der Papst im Jahre 1979 die kirchliche Lehrbefugnis entzog.
    Gleich zweimal sprach das Oberhaupt der katholischen Kirche "Das Wort zum Sonntag", so am 25. April 1987 Papst Johannes Paul II. mit den Worten: "Am nächsten Donnerstag komme ich zum zweiten Mal als Bischof von Rom in ihr Land. Darauf freue ich mich." Am 17. September 2011 sandte dagegen Papst Benedikt XVI. seine Botschaft: "In wenigen Tagen werde ich zu meiner Reise nach Deutschland aufbrechen, und ich freue mich schon darauf. All dies ist nicht religiöser Tourismus und noch weniger eine Show." Papst Benedikt war bereits in den Vorjahren in seiner Funktion als Erzbischof Joseph Ratzinger Redner in diesem Format.
    Entgegen dem etwas angestaubten Image der Kirchen zeigte sich "Das Wort zum Sonntag" spätestens seit den 70er Jahren durchaus flexibel, modern und weltoffen, was nicht allen Zuschauern gefiel. Anläßlich der Flugzeugentführung von Mogadischu (1977), dem Oktoberfest- Attentat (1980) oder dem Fall der Mauer (1989) löschten die Vertreter der Kirche ihre ursprünglich vorgesehenen Texte und sprachen zum jeweils aktuellen Anlaß.

    www.youtube.com/watch?v=uQDkycq3BXg