Der Alltag der 60er war nicht zuletzt durch eine Vielzahl von Besuchen an der Wohnungstür durch Handelsvertreter geprägt. Allen voran die damals unvermeidlichen Repräsentanten des Deutschen Bücherbundes und von Bertelsmann. Meine Mutter ließ sich zweimal, 1955 und 1967, von den entsprechenden Herrschaften zum Vertragsabschluß überreden, und hat es nachträglich jedesmal bereut.
Im Prinzip war das Prinzip der "Bücherbünde" nicht schlecht, jedenfalls für Leseratten, die über den Konsum von Zeitungen und Zeitschriften hinausgingen. Bei meinen Eltern traf dies leider nicht zu, so daß sie meist vierteljährlich mit den obligatorischen "Auswahlbänden" beliefert wurden, die dann im Wohnzimmerschrank immerhin einen repräsentativen, wenn auch weitgehend unbenutzten Eindruck hinterließen.
Auch gab es in den 60ern bereits Vorläufer von "Drückerkolonnen", die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ("Ja, Bertelsmann führt auch Schulbücher") Vertragsabschlüsse generierten.
Neben den Buchclubwerbern gab es eine Vielzahl von "einfachen" Handelsvertretern, die für alle möglichen Produkte warben: Verkäufer von Lexikareihen aller Art, Staubsaugervertreter, Verkäufer von Bürsten, Pinseln und anderen Haushaltsartikeln usw.
Daneben gab es eine damals bereits aussterbende Spezies: den guten alten Scherenschleifer. Eigentlich war er kein Hausierer im engeren Sinn, sondern betrieb ein Wandergewerbe. Oft handelte es sich um Kriegsversehrte, die auf diese Art versuchten, über die Runden zu kommen. Meine Mutter brachte diesen Herren schon aus Mitleid jedesmal ihre Messer und Scheren herunter und wunderte sich im Anschluß über die doch recht hohen Honorarforderungen. Ab den späten 60ern habe ich zumindest bei uns keine Besuche dieser Gewerbetreibenden mehr feststellen können.
Schließlich gab es auch noch die "non- profit"- Vertreter an unserer Haustür, nämlich die Entsandten religiöser Einrichtungen. Allen voran die Zeugen Jehovas, wie es sie auch heute noch gibt, daneben Werber der Zeltmission, des Missionswerks Werner Heukelbach u.v.m.
Profitiert hat das Gewerbe vor allem davon, daß zumindest die tüchtige Hausfrau und Mutter tagsüber anzutreffen war. Auch erlaubte die damals noch weitverbreitete anerzogene Höflichkeit, daß die Vertreter ihr Anliegen zumindest in Teilen vorbringen konnten.