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    Freitag, 17. Mai 2024, 15:56

    Kabarett für alle - Über die Geschichte der "Distel"

    "Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn eines Tages ein Gewitter niedergeht über die Betreffenden...Sie dürfen doch nicht denken, daß wir uns weiter als Partei- und Arbeiterfunktionäre von jedem beliebigen Schreiber anspucken lassen. In Moskau gibt´s ja auch kein Kabarett." (Walter Ulbricht auf dem 11. Plenum des ZK der SED 1965 über das Ostberliner Kabarett "Die Distel").
    Mit ihrem ersten Programm "Hurra, Humor ist eingeplant !" feierte das Ost- Berliner Kabarett "Die Distel" bereits am 2. Oktober 1953 ihre Premiere. Seine Gründung wurde im März des gleichen Jahres vom damaligen "Magistrat von Groß- Berlin" auf "Wunsch breitester Bevölkerungskreise", wie es in einer Aktennotiz hieß, beschlossen. Die Gründung eines Kabaretts in Ost- Berlin sollte vor allem ein politisches Gegengewicht zu Formationen wie den "Insulanern" und den "Stachelschweinen" in West- Berlin darstellen, die mit Nachdruck immer wieder gegen den ersten Arbeiter- und Bauernstaat auf deutschem Boden lästerten.
    Doch die Distel zielte "aufs Janze" und entwickelte sich so bald zu einer bekannten und beliebten Adresse für ganz Berlin. Vor allem nach dem Bau der Mauer im Jahre 1961 wurde dem Kabarett "Die Distel" von offizieller Seite oft vorgeworfen, nicht ausreichend gegen den Klassenfeind im Westen vorzugehen und stattdessen zu viel ideologische Kritik am real existierenden Sozialismus in der DDR zu üben. Dies hatte zur Folge, daß eine ganze Reihe von "Direktoren" des Kabaretts neu berufen wurden und auch wieder gehen mußten. Walter Ulbricht mißfiel aus naheliegenden Gründen vor allem der Titel des 11. Programms von 1958 "Beim Barte des Proleten" (sic !), so daß das Programm in "Liebe und Raketenbasen" umbenannt werden mußte. Der Beliebtheit beim Publikum tat dies bei aller gebotenen Kompromißbereitschaft jedoch keinen Abbruch.
    Da die Eintrittskarten zu den Programmen der "Distel" stets äußerst knapp und begehrt waren, wurde im Jahre 1976 eine zweite Einrichtung im ehemaligen Kino "Venus" in Hohenschönhausen eröffnet sowie das Ensemble wesentlich vergrößert. Bis zur Wiedervereinigung im Jahre 1990 spielten zwei Ensembles wechselseitig, nur am Wochenende stand man gemeinsam auf der Bühne.
    Viele Szenen, die das Publikum nie zu Gesicht bekamen, füllten ganze Aktenordner, denn eine staatliche Abnahmekommission prüfte vor jeder Premiere eingehend das Programm. Oft mußten Passagen gestrichen und ganze Texte umgeschrieben werden. Dies ging so weit, daß 1988 das komplette Programm "Keine Mündigkeit vorschützen" nicht zur Aufführung gelangte.
    Bis zum Jahre 1991 war die "Distel" eine Einrichtung des Magistrats von Berlin, im Anschluß wurde sie "abgewickelt" und in eine GmbH umgewandelt und arbeitet seit 1991 nur noch im Stammhaus an der Friedrichstraße. Noch heute unterhält das politische Kabarett "Die Distel" jährlich bis zu 150.000 Besucher in Berlin und auf Tourneen.

    www.youtube.com/watch?v=CG1Gnps1vU0